Die Hänge-Birke

Beschreibung

Die Hänge-Birke (Betula pendula) (Syn.: Betula albaBetula verrucosa), auch SandbirkeWeißbirke oder Warzenbirke genannt, ist eine sommergrüne Laubbaumart aus der Gattung der Birken (Betula). Ihr schlanker, eleganter Wuchs, ihre weiße Borke und ihr zartes Frühjahrsgrün machen sie zum Frühjahrssymbol. In Skandinavien und in Russland hat sie im Volksbrauchtum eine ähnliche Rolle wie die Linde und die Eiche in Deutschland. Als „Sand-Birke“ benannt, wurde die Hänge-Birke im Jahr 2000 Baum des Jahres.

Im Duden und in allgemein gültigen deutschen Wörterbüchern wird dieser Baum nach der deutschen Rechtschreibung Hängebirke geschrieben. Bezieht man sich jedoch auf wissenschaftlich fundierte botanische Werke, ist die Schreibung Hänge-Birke als deutscher botanischer Name mittlerweile standardisiert, vgl. Standardliste der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands.

Die Hänge-Birke wird im Regelfall zwischen 15 und 25 Meter hoch. Sie erreicht eine Maximalhöhe von 30 Meter und einen maximalen Stammdurchmesser von 0,9 Metern. Das Höchstalter beträgt etwa 150 Jahre. Die Art besitzt eine mehrschichtige Krone. Die Äste stehen spitzwinklig ab, die Zweigenden hängen über. Die Hänge-Birke hat eine weiße Glattrinde. Diese wird von einem Oberflächenperiderm gebildet, das allerdings nicht lebenslang aktiv ist. Es platzt borkig auf und wird dann von einem Tiefenperiderm abgelöst. Die ältesten Schichten der weißen Glattrinde können sich mehr oder minder großflächig abringeln oder in schmalen Streifen ablösen. Die weiße Farbe der Rinde kommt durch eine Einlagerung von Betulin zustande, welches das Licht vollständig reflektiert, wodurch die Rinde weiß erscheint.[1] Die weiß gefärbte Rinde wird als Schutzmechanismus gegen Rindenbrand (Rindenschäden durch intensive Sonneneinstrahlung), besonders im Winter, gedeutet.

Die Hänge-Birke bildet ein nicht sehr tiefgehendes, aber dichtes Herzwurzel­system. Die wechselständigen, gestielten Laubblätter sind 4 bis 7 Zentimeter lang und schraubig angeordnet. Sie sind dreieckig bis rautenförmig, mit lang ausgezogener Spitze, ihr Rand ist doppelt gesägt.

Die Hänge-Birke ist einhäusig, monözisch, d. h., die weiblichen und männlichen Blüten sind getrennt in hängenden Kätzchen auf einer Pflanze. Blütezeit ist von April bis Mai und die Samen reifen im August bis September. Die Früchte sind etwa 3 Millimeter lange Nüsschen, die dünnhäutig geflügelt sind. Die leichten Früchte werden durch den Wind verbreitet und die Samen keimen bei ausreichend Feuchtigkeit sofort.

Verbreitung und Ökologie

Die Hänge-Birke ist eine Lichtbaumart. In Mitteleuropa ist sie die wichtigste Pionierbaumart, die als erste Brach-, Trümmer- und Kahlflächen besiedelt. Sie ist gegenüber dem Boden anspruchslos, wächst aber wegen der Konkurrenz anderer Baumarten überwiegend auf sauren Böden; sie meidet dabei reine Kalkböden, kommt aber auf Gips vor. Sie wächst überwiegend auf trockenen Standorten, hat aber einen hohen Wasserverbrauch. Während Jungbirken immer viel Wasser benötigen, können alte Bäume an sehr trockene Standorte adaptieren. Wird allerdings ein bisher feucht stehender Baum plötzlich ausgetrocknet, stirbt er ab. Die Hängebirke ist wegen ihrer Anspruchslosigkeit auch auf Moorböden und auf anderen Extremstandorten zu finden, auf die sie wegen ihrer Konkurrenzschwäche verdrängt wird. Sie meidet Hitze und ist mäßig frosthart, ihr Photosyntheseoptimum liegt unter 20 °C und sie ist mit ihrem frühen Laubaustrieb an kurze Vegetationsperioden angepasst. Auf stark vernässten Böden wird sie durch die Moorbirke ersetzt, mit der sie auch Bastarde bildet (Betula × aurata Borkh.), diese sind allerdings steril.

Hauptvorkommen ist in den borealen Nadelmischwäldern Sibiriens und Skandinaviens auf nährstoffarmen, trockenen Sandböden mit Kiefer und Eiche. Die Hänge-Birke kommt in ganz Europa, mit Ausnahme von Nordskandinavien, in Nordamerika und Asien vor. Ihr Verbreitungsgebiet reicht im Osten bis zum JenisseiAltaigebirgeKaukasus und Nordpersien. In den Südalpen steigt sie bis auf 1900 m.

Die Hängebirke kommt in vielen Waldgesellschaften als Pionierart nach Störungen wie z. B. Sturmschäden oder Kahlschlag vor, wird aber meist rasch durch konkurrenzstärkere Arten verdrängt. Eine Waldgesellschaft mit dauerhaft höherer Birken-Beteiligung ist der Birken-Eichenwald, seltener ist sie an natürlichen Kiefernwäldern auf Sand wie dem Weißmoos-Kiefernwald beteiligt. Da Birken im Vergleich zu anderen Laubbaumarten vom Rehwild kaum verbissen werden, sind sie aber auch in anderen Waldgesellschaften, insbesondere auf Flächen mit hohen Wilddichten, anzutreffen.[4] Als Pionierbaumart tritt sie bevorzugt bei der Wiederbewaldung offener Vegetationsformen wie Heiden (gemeinsam mit der Waldkiefer) auf, sie ist hier nicht so stark an sauere Standorte gebunden und tritt z. B. regelmäßig gemeinsam mit der Salweide auf Trümmerschutt auf. Sie gedeiht dabei in Vorwaldgesellschaften des Verbands Quercion roboris, des Unterverbands Luzulo-Fagenion oder als Pioniergehölz in Gesellschaften der Klasse Nardo-Callunetea vor.[2]

Hängebirken sind nicht zum Stockausschlag und zu vegetativer Vermehrung befähigt. Die sehr leichten, flugfähigen Früchte („Flügelnüsschen“) ermöglichen ihr eine rasche generative Vermehrung, pro Blütenkätzchen entwickeln sich ca. 450 Früchte. Die Früchte reifen im Hochsommer und werden im Winter verstreut, sie keimen im darauffolgenden Frühjahr. Birken können bereits im Alter von 5 Jahren Früchte ansetzen.

Die Hänge-Birke hat eine aggressive Technik entwickelt, um sich in der Konkurrenz um das Sonnenlicht gegen andere Baumarten durchzusetzen: Die durch den Korkwarzenbesatz wie Schleifpapier wirkenden schlaff hängenden Zweiglein schleifen bei Windeinwirkung stetig und effektiv regelrechte Schneisen in die Baumkronen dicht benachbart stehender Bäume anderer Arten.

Plakat

Eine Hänge-Birke im Jahresverlauf

Herbst

Winter

Frühling

Sommer